Schon Marc Aurel wusste vor vielen Jahren, dass es nicht die Dinge selbst sind, die uns beunruhigen, sondern unsere Meinungen und Vorstellungen von den Dingen. Diese Weisheit hat nichts von ihrer Bedeutung verloren. Man könnte es auch anders ausdrücken und sagen: Kein Erleben ist an und für sich problematisch. Wie wir zu dem stehen, was wir erleben, entscheidet darüber, ob wir es mit einer Ressource oder einem Problem zu tun haben. Stephen Gilligan formuliert es folgendermaßen: „Nicht der Inhalt ist wichtig, sondern die Beziehung des Menschen zum Inhalt.“
Und genau diese Beziehung zum Inhalt ist es, die unsere innere Freiheit ausmacht. In meiner Auseinandersetzung mit dem Dritten Reich hat mich v.a. der Text von Viktor Frankl „Und trotzdem Ja zum Leben sagen“ sehr beeindruckt – denn dort wird deutlich, dass ein Mensch auch unter unerträglichen Umständen seine innere Freiheit bewahren kann. Frankl schreibt: „Man kann dem Menschen im Konzentrationslager alles nehmen, nur nicht die letzte menschliche Freiheit, sich zu den gegebenen Verhältnissen so oder so einzustellen. Die geistige Freiheit des Menschen, die man ihm bis zum letzten Atemzug nicht nehmen kann, lässt auch noch bis zum letzten Atemzug Gelegenheit finden, sein Leben sinnvoll zu gestalten.“
Das ist insbesondere dann von großer Bedeutung, wenn äußere Handlungsspielräume eingeschränkt sind oder fehlen. Das mag bisweilen sehr schmerzlich sein – doch die Türe zum „inneren Gestaltungsraum“ steht immer offen. Zunächst betreten wir diesen Raum vielleicht widerwillig und bockig. Mit der Zeit aber werden wir feststellen, dass dort ganz besondere Früchte wachsen. Sie mögen anfangs bitter schmecken; mit der Zeit aber, wenn sie reifen, kann es sein, dass viele Menschen herbeiströmen, um die ungewöhnliche Süße des Saftes zu kosten.